Mein Können ist was wert

Beitrag aus der Haarstark 01/24, dem Magazin der Landesinnung Kärnten:

„Nur ein bissl schneiden, bitte!“ Wer kennt ihn nicht, diesen bescheidenen Kundenwunsch? Der Haarprofi fühlt einen Stich im Herzen, weil damit vermittelt wird, dass ja nicht viel dran sein kann, an so einem Haarschnitt. Und kosten darf es dann auch nicht viel. Weil es ja nur „ein bissl schneiden“ und dazu vielleicht „ein bissl Farbe“ ist. „Unser Beruf erfordert vielfältige Kompetenzen und viel Know-how“, sind Marlies und Klaus Kleinberger überzeugt. „Ein bissl Haareschneiden“ oder „nur Spitzenschneiden“ gibt es nicht, sagt Mst.in Marlies Kleinberger: „Sobald ich schneide, ist das ein kompletter Haarschnitt: Ich brauche immer einen Aufbau, Abteilungen usw. Eigentlich ist das logisch, aber das wissen unsere Kund:innen meist nicht. Deshalb müssen wir das immer wieder kommunizieren!“

Erwartungen und Wert

Das Unternehmerehepaar legt Wert auf höchsten Standard und zieht Vergleiche zur gehobenen Gastronomie: „Wir sehen uns als Haubenfriseur und bieten High End Qualität vom Haarschnitt und den Produkten über den Umgangston im Salon bis hin zum Kaffee. Unsere Kund:innen kommen mit Erwartungen, die wir übertreffen wollen.“ Aber in puncto Wertigkeit gibt es nach wie vor viel zu tun: „Wir müssen das Bewusstsein dafür schaffen, dass da ein bestausgebildeter Mensch bis zu drei Stunden lang einzelne Kund:innen persönlich betreut, deren Probleme löst und Bedürfnisse erfüllt. Das ist eine Fähigkeit, die immer gefragt sein wird und niemals durch KI ersetzt werden kann.“ Der Kunde ist bei den Kleinbergers König, „aber wir sind die Kaiser. Nicht jede:r Kund:in passt zu jedem Salon, das ist uns bewusst. Aber, mal ganz ehrlich, neue Kund:innen findet man heutzutage leichter als neue Mitarbeiter:innen.“

Mst.in Heike Seidl sieht das genauso: „Von Menschen, die sich nicht zu benehmen wissen, darf man sich trennen. Damit wird Platz für neue Kund:innen frei“, sagt sie selbstbewusst. Aber die Qualität der Arbeit muss immer stimmen: „Wenn ich mir selbst eine hohe Qualität abverlange und mir meiner Kompetenzen bewusst bin, verkaufe ich mich nicht so leicht unter Wert“, lautet der Tipp der Unternehmerin.

Preislich könnten sich Friseur:innen einiges von anderen Gewerken abschauen: „Ich weiß nicht, warum viele denken, sie müssten manches billiger, schneller oder sogar gratis machen. Das machen doch Tischler:innen oder Elektriker:innen auch nicht! Handwerk hat seinen Preis und ist unersetzlich“, so die erfahrene Friseurin. Ingo und Gero Kuss machen die Erfahrung, dass Kund:innen bereit sind, für gute Leistung Geld auszugeben. Sie bedienen ein Kundensegment, das weiß, was es an ihnen und ihrem großen Team hat. Im Salon verlangen alle Mitarbeitenden – einschließlich der Chefs – dieselben Preise, nach Aufwand gestaffelt. „Wir erleben sehr viel Wertschätzung von unseren Kund:innen. Manche reisen sogar aus Wien oder Graz an, nur für den Friseurbesuch“, erzählt Gero Kuss. Die Wertigkeit des Berufs hat ihrer Meinung nach in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten zugenommen. „Weil die Qualität gestiegen ist und die Techniken aufwendiger geworden sind“, vermuten sie. Ingo Kuss ergänzt: „Wir sehen bei jungen selbstständigen Kolleg:innen, dass sie solide Preise verlangen. Sie wissen, wie sie kalkulieren müssen.“

Der Stellenwert des Friseurberufs wird weiterwachsen, ist das Brüderpaar überzeugt. Warum? „Weil es der schönste Beruf der Welt ist“, sind sie sich sicher. Und „je weniger gute Friseur:innen es gibt, desto wertvoller ist deren Leistung“.

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